Hallo Dennis,
viele Dinge in diesem Video sind völlig richtig, manches aber auch aus dem Kontext gerissen oder gar komplett falsch. Und eine ganze Menge davon findet sich im Verlauf dieses Threads bis hierher ja bereits wieder.
Ich versuche mal, auf die in meinen Augen wichtigsten Punkte einzugehen.
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Richtig ist: Aufnahmen im Tonstudio werden so gemacht, dass sie möglichst überall klingen sollen. Hierfür die erwähnten unterirdisch klingenden Boxen.
Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Denn parallel dazu gibt es auch Sound, den die Tonschaffenden als klangliches Ideal für einen Song anvisieren. Dieser wird über einen möglichst neutral abgestimmten Kopfhörer generiert. Schon allein deshalb, weil ja auch Endverbraucher damit hören. Sich an diesem Status Quo als Referenz zu orientieren kann also niemals falsch sein, wenn man versucht, durch zusätzliche akustische Maßnahmen hier möglichst nah ran zu kommen.
Das mit dem totdämmen von Wohnräumen mit Matten und Absorbern ist leider das traurige Treibjagt-Resultat aus einem anderen Forum, wo wenige meinen, für viele die Fakten definieren zu müssen. Tatsache ist: Dämmung muss sein, sonst klingt es wie im Badezimmer. Um eine Nachhallzeit zu erreichen, die einen guten Mittelweg zwischen Badezimmerhall und gnadenloser Überdämmung darstellt, reichen oftmals Polstermöbel, Teppiche und Vorhänge schon völlig aus. Erst wenn in einem komplett eingerichteten Wohnzimmer immer noch Kirchenschiff-Feeling aufkommt, werden Wandpanels oder dergleichen notwendig. Im Prinzip geht es einfach nur um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen absorbierenden und Reflektierenden Materialien.
Was häufig unterschätzt wird: Reflexionen haben nicht nur Einfluss auf das hörbare Klangergebnis, sondern auch auf die Lautstärke. Schon lange vor dem Mittelalter, also bevor es überhaupt Strom gab, nutzte man diesen Effekt. So entstanden beispielsweise die ersten Amphitheater. Somit geht auch mit jeder raumakustischen Maßnahme auch immer ein Verlust an Lautstärke einher. Denn es wird der Pegel einzelner Frequenzen unterdrückt.
All diese Tatsachen waren übrigens auch Peter Lyngdorf schon vom ersten Tag an bewusst, als er Room Perfekt entwickelte. Ziel: Den Originalklang des Audiosignals, den Eigenklang des Lautsprechers und die Eigenschaften des Hörraumes sozusagen "korrespondieren" zu lassen. In meinen Augen einer der genialsten Köpfe der HighEnd-Branche. Denn sein Blick auf die Dinge ist nie nur auf den eigenen Tellerrand beschränkt. Ein gutes Beispiel dafür hatten wir ja schon mal im Rahmen von Loudness War hier im Forum:
https://hifiundheimkino.de/communit...er-und-peter-lyngdorf-gegen-loudness-war.613/
Etwas befremdlich fand ich die Aussage in dem von dir verlinkten Video, ein DSP wäre nichts anderes als ein Equalizer auf digitaler Basis. Ab diesem Moment habe ich das Video gestoppt, denn das wurde mir dann doch schon etwas zu abenteuerlich.
Doch lass uns erst mal einen Blick auf die lapidare Begrifflichkeit "DSP" werfen. Definition: "Digital Sound Prozessor". Dahinter kann sich so gut wie
alles verbergen, was in irgend einer Form mit digitaler Tonverarbeitung zu tun hat. Selbst Verzerrer, Hallgeräte, Kompressoren..... und natürlich
auch ein ganz simpler graphischer Equalizer.
Ein Equalizer im landläufigen Sinne ist nichts anderes, als ein etwas besserer Klangregler. Er dient der Anpassung an den persönlichen Hörgeschmack. Raumakustische Probleme wie eben gerade auch Raummoden lassen sich damit nicht in den Griff bekommen, selbst wenn er mit einer automatischen Einmessung zur Frequenzlinearisierung ausgerüstet wäre.
Er verfügt lediglich über eine begrenzte Anzahl starrer Eckfrequenzen. Und was mindestens genau so entscheidend ist: Er bietet keine Möglichkeit, auf das Zeit- und Phasenverhalten zweckorientiert Einfluss zu nehmen. Wenn man im HighEnd-Bereich über DSPs spricht, dann über Geräte, die nicht nur all diese komplexen Zusammenhänge miteinander in Einklang bringen, sondern auch über intelligente Algorithmen, die zusätzlich psychoakustische Gesetzmäßigkeiten und im Fall von Room Perfect sogar den unbeeinflussten Originalklang der Boxen berücksichtigen und im Audiosignal verloren gegangene Oberwellen rekonstruieren, sogar ein dreidimensionales akustisches Modell des Hörraumes für die Berechnung der FIR und IIR-Filter erstellen können. Mit einem graphischen Equalizer hat das so viel zu tun, wie ein Bobby-Car mit einem Airbus
Baxenschieber hat das Thema Raumakustik eigentlich schon ganz gut auf den Punkt gebracht, wie ich finde:
Jeder kennt den Effekt, dass aus der Nachbarschaft oder geschlossenen Fahrzeugen von außen hauptsächlich nur Bässe zu hören sind. Tiefe Frequenzen können sogar Mauerwerk durchdringen. Gleichzeitig wird aber immer noch ein großer Teil des Schalls daran reflektiert.
Das führt dann zum pingpongmäßigen Aufschaukeln (Raum-Moden). Da die meisten dieser betroffenen beziehungsweise überhöhten einzelnen Frequenzen aber glücklicherweise nicht lokalisiert werden kann aus welcher Richtung sie kommen, bietet es sich an, sie bereits im Audiosignal so anzupassen, dass es nach dem "Aufschaukeln" dann trotz dem wieder "passt". Am besten flankiert durch eine möglichst optimale Aufstellung der Boxen, um im Vorfeld eine möglichst gleichmäßige Anregung der Raummoden zu erzielen.
Bei Nachhall funktioniert dieses Prinzip allerdings nicht mehr zuverlässig, da mittlere und hohe Frequenzen mit steigendem Wert immer stärker lokalisierbar werden. Würde man dann z.B. versuchen, nur auf einem Kanal einzelne Frequenzen anzuheben oder abzusenken, käme die komplette Darstellung der Bühne völlig durcheinander. Hier kann ein DSP lediglich die Tonalität etwas ausgleichen. Aber der Nachhall verschwindet dadurch natürlich nicht. Deshalb sind hier physische Absorber wesentlich zielführender. Vorteil hier: Viele Bestandteile der Wohnungseinrichtung wirken schon von sich aus absorbierend auf den Hoch- und Mitteltonbereich ein (Sofa Vorhänge Teppiche, Kissen etc... etc,,,)